Über die Werte

Wer als Newcomer im Wahlkampf antritt, muss sich durch den so genannten Mitbewerb irgendwie abheben. Schlaue Sprüche klopfen und lieb vom Plakat lächeln, das kann immerhin jeder, der Dank des steuerzahlerfinanzierten Wahlkampfbudgets um die Steuerzahler wahlkämpfen mag.

Das Unterscheidungsmerkmal sollte diesmal „Die Werte“ lauten, und schon erfand man für die Werte eine lustige Abkürzung, die aber leider nie in der Form verwendet wird. Über den Kampffighterjet-Produzenten mit dem regelmachenden Gold wurde wahrscheinlich schon alles geschrieben, sogar über seine Wahlplakate. Aus irgendeinem Grunde warten wir noch auf die lang angekündigte Offenlegung seiner Steuererklärung, auch wenn sich niemand mehr erinnern kann, warum er das tun wollte, und wer das überhaupt wissen will. Also, wir sehen uns dann Ende September wieder, und Vorsicht mit den 180 Tagen!

Und kaum ist das vermeintliche Unterscheidungsmerkmal formuliert und rausposaunt, schon stehen die, von denen man garnicht wusste, nach welchen Gesichtspunkten sie eigentlich handeln, Schlange, und wollen auch „Werte, Werte“ rufen, am besten in ein Mikrophon, sonst könnte am End die Nachricht unaufgezeichnet verhallen.

So ist beispielsweise von der werten Justizministerin überliefert,

dass ihre – also Karls – Religion wertegebend sei und „natürlich“ auch in ihre Politik einfließe

kurz nachdem sie die Selbstverständlichkeit

wie wichtig es sei, in einer „modernen Demokratie“ Religion und Staat zu trennen

erläutert hat. Klingt irgendwie inkompatibel, stammt aber aus einem Munde.

Bei solchen Aussage darf es nicht verwundern, dass es noch immer Bewegungen wie „Laizität für Österreich“ gibt, die in ihrem Einleitungssatz feststellen:

Die Trennung von Staat und Religion ist in Österreich nicht vollzogen

wie übrigens auch in einem Interview erläutert. Interessanterweise verweist der Wikipedia-Artikel Trennung von Kirche und Staat im Abschnitt „Österreich“ auf die Seite Religionsfreiheit in Österreich, wobei das eine zwar aus dem anderen folgen mag, aber die beiden nicht dasselbe sind. Und der Laizismus-Artikel erwähnt Österreich garnicht erst.

Nun hat die gute Frau nicht explizit die „Werte“ aufgezählt, die sie ihrer Religion verdankt, aber vielleicht ist ja Matthäus 25 darunter, worin der Satz zu finden ist:

Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.

Zugegeben, wir können nicht wissen, ob dieser Herr Menschensohn nur seine leiblichen Brüder gemeint hat, oder doch eher metaphorisch die gesamte Menschheit – wir können also nur raten. Immerhin, Christen gab es ja damals noch garkeine.

Aber nehmen wir doch mal an, der Vers ist so gemeint, wie wir ihn gerne missverstehen wollen, dann heißt das in Konsequenz, dass die Frau Ministerin glaubt, dass unter ihrer Amtsinhabung dem Herrn Menschensohn ein Besen in den Arsch geschoben wurde, und keiner will dran schuld sein. Und die Strafe dafür ist gleich vorgegeben:

Dann wird er sich auch an die auf der linken Seite wenden und zu ihnen sagen: Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist!

Vielleicht ist sie auch ein wenig wählerisch, und hält es lieber mit den Römern

Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet.

Auch der werten Frau Innenministerin sind „die Werte“ heilig, und so diktiert sie:

„Mir ist es wichtig, dass in unseren Bildungseinrichtungen christliche Traditionen und Werte hochgehalten werden.“

„Das Kreuz steht für ein gemeinsames friedliches Miteinander, für Respekt und Akzeptanz. Abgenommen sind die Kreuze schnell, dann aber bleibt eine Leere, die nur schwer wieder aufzufüllen ist“

Auch die Feste des Jahreskreises seien geprägt von den christlichen Werten und Traditionen.

Gut zu wissen, was die Leute zu denken vorgeben, wenn es um ihre Interessen geht. Soviel zur Einleitung und Vorstellung der handelnden Figuren.

Und so ergab es sich, dass genau am heißesten Tag der letzten 100 Jahre, an dem sich jeder ordentlich integrierte Bürger auf der Donauinsel aufhält, nur damit sein Gehirn nicht verglüht, sich wieder einmal der grausige Abschiebeprozess wie von selbst aktivierte:

Was für ein schönes Beispiel christlicher Werte, von Respekt und Akzeptanz, und nicht zuletzt der Leere, die jetzt schon mancherorts herrscht.

Menschen, von denen man angenommen hatte, es wäre eigentlich eh schon alles geregelt, weils so lang so ruhig war – und da erinnern wir uns an den Medienkrieg gegen Fräulein Zogaj, mit dem uns die damalige Innenministerin das Abendessen madig gemacht hat, und wir das Klo als, wenn schon nicht liebsten, so doch häufigsten, Zufluchtsort aufgesucht haben – werden aus ihrer Notunterkunft direkt in den Flieger gesteckt. Als hätte es damals seinerzeit nicht schlussendlich doch noch eine Lösung gegeben. Aber das kommt eben davon, wenn man migrationshintergrundsbedingt nicht über Rehaugerln verfügt.

Und so vergeht der Rest des 28.7.’13 in einer Mischung aus Verärgerung, Unverständnis, und Protest, samt Aufrufen dazu:

Servitenkloster: Abschiebung aus Wahlkampfgründen?

Kardinal Christoph Schönborn und die Grünen vermuten hinter der Aktion Wahlkampfmotive; Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) weist dies zurück. „Auch die Monate vor einer Wahl können weder zu einer rechtsfreien noch zu einer polizeifreien Zeit erklärt werden“

Spontane Proteste nach Festnahmen

Erst vor kurzem wurde über 20 der Asylwerber im Servitenkloster das „gelindere Mittel“ verordnet, das heißt, diese Personen müssen sich täglich bei der Polizei melden. Im Zuge dieser täglichen Meldung wurden nun einige von ihnen festgenommen

(hier wäre mal der Fairness-Wert angebracht gewesen)

„Während das Außenministerium Österreicher ausdrücklich und detailliertest vor Reisen in das Land warnt und eine partielle Reisewarnung ausspricht, findet man im Innenministerium offenbar nichts daran, Flüchtlinge in das höchst instabile Land abzuschieben – noch dazu während des für gläubige Muslime so wichtigen Fastenmonats Ramadan.“

Österreich – ein Land der Nächstenliebe?

Pakistan, ein Land, bei dem das Außenministerium allen ÖsterreicherInnen eindringlich vor einer Reise abrät. Asylwerber dorthin zurückzuschicken, ist aber offensichtlich kein Problem. Das sehen nicht alle europäischen Staaten so. Deutschland beispielsweise hat im Jahr 2012 18% aller Flüchtlinge aus Pakistan Schutz gewährt. Bei uns lag die Schutzquote im gleichen Zeitraum bei einem Prozent. Einer von vielen Fällen, in dem unser Asylsystem ein Musterbeispiel für Restriktion ist.

192. Brief zur Festnahme von 8 Flüchtlingen im Servitenkloster

Sie haben nichts besseres zu tun, als Sommer und Wahlkampf dazu zu benützen, Menschen ins Verderben zu schicken?Frau Innenministerin: wieso glauben Sie, daß es rechtens ist, Menschen nach Pakistan zurück zu schicken, die von dort geflüchtet sind, weil man ihnen nach dem Leben trachtete?

Herr Außenminister: Ihr Ministerium hat eine Reisewarnung für Pakistan herausgegeben. Wieso finden Sie es in Ordnung, Flüchtlinge nach Pakistan zurück zu schicken?

Vorwurf der Wahltaktik bei Ausschaffung

Die seriösen Medien des Landes sprachen ebenfalls von einem Wahlkampfmanöver. Die Zeitung «Der Standard» kommentierte etwa, dass vor dem Hintergrund des Lobes der rechtspopulistischen Freiheitlichen für Innenministerin Johanna Mikl-Leitner von der bürgerlichen Volkspartei (ÖVP) ein Zusammenhang mit dem Wahlkampf nicht zu leugnen sei.

Stimmt denn das mit dem Außenministerium und der Reisewarnung wirklich? Wir gucken:

Besondere Hinweise

PARTIELLE REISEWARNUNG für die Provinzen:

  • BELUTSCHISTAN sowie
  • KHYBER PAKHTUNKHWA (KPK – früher Nordwestgrenzprovinz), insbesondere die unter Bundesverwaltung stehenden Nördlichen Stammesgebiete (Federally Administered Tribal Areas – FATA) im Grenzgebiet zu Afghanistan und Bezirk Swat mit umgebenden Bezirken (Verwaltungsregion Malakand)!

HOHE SICHERHEITSGEFÄHRDUNG für den Rest des Landes.

Aufgrund der weiterhin bestehenden hohen Terrorgefahr wird von nicht unbedingt notwendigen Reisen abgeraten.

ÖsterreicherInnen, welche sich derzeit in Pakistan aufhalten oder nach Pakistan reisen, werden ersucht, unverzüglich der österreichischen Botschaft in Islamabad die Aufenthaltsdaten in Pakistan bekannt zu geben.

Die Sicherheitslage in Pakistan ist besorgniserregend. Die Gefährdung durch terroristisch motivierte Gewalttaten, vor allem Sprengstoffanschläge und Selbstmordattentate, ist weiterhin hoch! Terroristische Anschläge, ausgeführt von fundamentalistischen Gruppen, wie den Taliban oder dem Terrornetzwerk Al-Qaida, kommen im ganzen Land vor.

Die Frequenz derartiger Attentate ist, insbesondere in Khyber-Pakhtunkhwa, den Stammesgebieten (FATA) und Belutschistan, hoch.

Vor Reisen in die Provinz Khyber-Pakthunkwa (frühere NWFP-Provinz) und die Provinz Belutschistan wird gewarnt. In sämtlichen Distrikten kann es jederzeit zu Terroranschlägen und Entführungen bzw. Geiselnahmen kommen. Es sind in mehreren Landesteilen militärische Operationen im Gange.

Eine Gefährdung durch politisch-religiös motivierte Gewalttatenbesteht landesweit.

Terroristen sind teilweise dazu übergegangen, wahllos Geschäfte, Gebäude, Märkte oder Menschenansammlungen anzugreifen, um Panik und Unsicherheit zu verbreiten.

Besonders gefährlich sind die Provinz Khyber Pakhtunkhwa (früher Nordwestliche Grenzprovinz), insbesondere die unter Bundesverwaltung stehenden Nördlichen Stammesgebiete und der Bezirk Swat mit umgebenden Bezirken (Verwaltungsregion Malakand), sowie die Provinz Belutschistan. Dort kommt es immer wieder zu Kämpfen zwischen pakistanischen Streitkräften und militanten Fundamentalisten bzw. Separatisten. In Belutschistan ist der pakistanische Staat mit einer Aufstandsbewegung konfrontiert, gegen die ebenfalls wiederholt Militäraktionen unternommen wurden. Einige der oben genannten Gebiete sind der staatlichen Kontrolle ganz oder teilweise entzogen.

In allen großen Städten wie Karachi, Lahore, Peshāwar, Quetta, Rāwalpindi und Islamabad kommt es immer wieder zu Großkundgebungen und blutigen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden politischen Gruppen oder kriminellen Banden.

Schwere Verbrechen wie Mord, Raub und Entführungen sind selbst untertags auf offener Straße nicht selten. Eine besondere Gefährdung durch politisch-religiöse Gewalttaten und Straßenkriminalität ist im gesamten Land gegeben.

Die Grenzgebiete zu Afghanistan, Iran und Indien ebenso wie der von Pakistan verwaltete Teil Kaschmirs („Azad Jammu and Kashmir“) entlang der Waffenstillstandslinie (Line of Control, LoC) sind nicht bzw. nur mit offizieller Genehmigung zugänglich. Für Afghanistan besteht eine Reisewarnung des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten.

Und das alles nur, weil dort keine Kreuze im Kindergarten hängen, was eine Leere zur Folge hat!

Oder wir befragen das European Country of Origina Information Network, das am 8.5.’13 folgenden Bericht veröffentlichte:

Anfragebeantwortung zu Pakistan: Sicherheitslage in der Provinz Punjab und insbesondere im Distrikt Gujrat [a-8400]

Das Pak Institute for Peace Studies (PIPS), ein in Islamabad ansässiger unabhängiger Think Tank im Bereich nationale und internationale Sicherheit, schreibt in seinem Jahresbericht zur Sicherheitslage in Pakistan im Jahr 2012, dass die größte Anzahl terroristischer Angriffe (474) im Berichtszeitraum in der Provinz Belutschistan gemeldet worden sei. An zweiter und dritter Stelle lägen die Provinz Khyber Pakhtunkhwa (456) und die Stammesgebiete unter Bundesverwaltung („Federally Administered Tribal Areas“, FATA) (388). Zudem seien 187 terroristische Angriffe in der Provinz Sindh, 26 in Gilgit-Baltistan, 17 in der Provinz Punjab und einer im Hauptstadtterritorium Islamabad gemeldet worden:

In seinem undatierten Pakistan Assessment 2013 (vermutlich im März 2013 veröffentlicht) berichtet das vom in Neu Delhi ansässigen Institut für Konfliktforschung betriebene South Asia Terrorism Portal (SATP), dass im Jahr 2012 landesweit mindestens 6.211 Personen durch terroristische Aktivitäten getötet worden seien. Angesichts der schwierigen Informationslage könne die tatsächliche Anzahl allerdings auch wesentlich größer sein. Wie im Jahr 2011 seien die meisten der Personen in den Stammesgebieten unter Bundesverwaltung getötet worden. Die zweit- und drittmeisten Todesopfer habe es im Jahr 2012 in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa gegeben.

„Schließlich geraten auch die Städte und Dörfer des Punjab, der bevölkerungsreichsten Provinz im Herzen Pakistans, verstärkt unter den Einfluss der Dschihadisten, die über potente Geldgeber und eine hocheffiziente Infrastruktur verfügen. Die Rekruten des Dschihad kämpfen in Afghanistan und in Kaschmir. Sie bekämpfen aber auch den Staat in Pakistan selbst.” (Zeit Online, 6. März 2013)

Insgesamt also alles andere als eine gemütliche Gegend.

"lasset uns töten"

„lasset uns töten“

29.7.’13

„In Pakistan warten auf uns Gefängnis und Tod“

Beide sind überzeugt davon, dass alle Flüchtlinge, die an den Protesten teilgenommen haben, irgendwann abgeschoben werden. Mir Jahangir sagt, dass es klar sei, dass keiner einen positiven Asylbescheid bekommen werde, weil sie das österreichische Asylsystem und die Behörden kritisiert haben.

Wie es für sie weiter geht, wisse er nicht. Denn nach Pakistan zurückkehren bedeute für sie Gefängnis und vielleicht sogar den Tod, ergänzt Shahjahan Khan. „Weil wir Refugees auch Pakistan und die Taliban in den Medien kritisiert haben, werden uns die Geheimdienste schon am Flughafen erwarten und einsperren, wie Kriminelle behandeln. Sie werden uns töten“

vorsätzliche gefährdung von menschenleben aus niedrigen beweggründen

johanna mikl-leitner hat gemeinsam mit abhängigen komplizInnen die gewaltsame verbringung von 8 menschen zu verantworten, die dadurch in extreme lebensgefahr gebracht werden. die wiederholungstäterin nimmt keine rücksicht darauf, dass die deportationspraxis bereits mehrfach im nachhinein von gerichten als unrecht erkannt wurde und will durch das voreilige handeln die menschenrechte beugen.

Hier soll wohl ein Mangel an Respekt und Akzeptanz unterstellt werden?

Pah, das hat auch schon der Verwaltungsgerichtshof versucht, als er feststellte

Verwehrtes Bleiberecht war Irrtum

Zwei Jahre nach der Abschiebung des Gambiers Lamin Jaithe hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Zurückweisung des Bleiberechts rechtswidrig war. Trotz vieler Proteste war der 20-Jährige im Frühjahr 2011 nach Gambia abgeschoben worden.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hob die negative Entscheidung des Innenministeriums jetzt als rechtswidrig auf. Das Ministerium hatte genauso wie die Bezirkshauptmannschaft in erster Instanz den Antrag auf Bleiberecht einfach zurückgewiesen – anstatt sich mit den veränderten Lebensumständen Lamins in Österreich auseinanderzusetzen. Darin sieht der VwGH einen Rechtsirrtum.

Und was hats gebracht? Na eben.

Andererseits hätte die Nachricht damals eventuell auch den Ober-Yuppie-Integrator interessieren können, aber eine Äußerung seinerseits ist unsererseits nicht mehr erinnerlich.

Proteste

Wie heutzutage üblich, organisiert sich der Protest online, um bequem vom Sesserl zur (nicht beglaubigten) Unterschrift einzuladen

"air-berlin: Deportation Airline"

„air-berlin: Deportation Airline“

während die Tapferen sich vor Ort begeben

GEFAHR WEITERER VERHAFTUNGEN UND ABSCHIEBUNGEN – Unterstützung benötigt!

damit sie zuhause etwas zu erzählen haben:


„Wir san voi zaumgrennt“


„des is ma wurscht“

was seinerseits wieder für Diskussionsstoff sorgt. Die Diskussionen müssen dabei nicht immer besonders ernsthaft erfolgen, wie diverse Fundstücke belegen:

Zaumrenn-Gefahr (c) Gebrüder Moped

Zaumrenn-Gefahr (c) Gebrüder Moped

hydrazine.at

hydrazine.at

Etwas unglücklich war wohl das Timing des Bundeskanzlerdarstellerpropagandateams, das völlig unbeschwert und anzunehmenderweise in Unkenntnis der skandalösen Ereignisse den Schwerpunkt seiner politischen Wochenendaktivitäten ganz woanderswo verortete:

"Auch die Pflanzen in meinem Büro brauchen ziemlich viel Wasser in diesen Tagen"

„Auch die Pflanzen in meinem Büro brauchen ziemlich viel Wasser in diesen Tagen“

Aus unerfindlichen Gründen löschte der Postingverantwortliche allerdings das Corpus Delicti, was seine Anhängerschaft aber nicht davon abhielt, es ihm in seinem Sinne gleichzutun:

(c) Verein Freunde der Tagespolitik

(c) Verein Freunde der Tagespolitik

Werner Failmann  "In meinem Büro habe ich nur Pflanzen, die bei diesem Wetter nicht so viel Wasser brauchen".

Werner Failmann „In meinem Büro habe ich nur Pflanzen, die bei diesem Wetter nicht so viel Wasser brauchen“.

Werner Failmann Egal ob in stürmischen Zeiten oder Zeiten der Hitze. Ich führe dieses Land mit derselben Hand mit der ich mich um meine Pflanzen kümmere.

Werner Failmann
Egal ob in stürmischen Zeiten oder Zeiten der Hitze. Ich führe dieses Land mit derselben Hand mit der ich mich um meine Pflanzen kümmere.

(c) Gebrueder Moped

(c) Gebrueder Moped

Wer diese unterstellte teilnahmslose Haltung als unbegründete Kritik oder überzogene Satire deuten mag, sollte einmal die Antworten des Propandateams auf der wiederbelebten Fäßbuck-Präsenz analysieren:

Lassen Sie sich versichern, dass sich der Bundeskanzler über die Entwicklungen in dieser Causa laufend informiert. Lassen Sie uns aber gleichzeitig festhalten, dass der Bundeskanzler in dieser Angelegenheit nicht gestaltend tätig werden kann. Unsere Bundesverfassung beruht auf dem Gedanken, dass politische Macht geteilt werden muss, um die Freiheit des Einzelnen zu schützen. So sind nicht nur die drei Gewalten Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz in allen Instanzen voneinander getrennt und gegenseitige Weisungen unzulässig, auch der Herr Bundeskanzler darf Weisungen nur gegenüber ihm untergeordneten Organen aussprechen. Bitte wenden Sie sich mit Ihren Bedenken an das Bundesministerium für [hier einfügen].

Schöner kann man’s wirklich nicht sagen, dass einem die Pflanzerln doch lieber sind. Die protestieren nämlich nicht, oder fordern irgendwas. Ok, außer viel Wasser eben.

Andererseits hat man werbemäßig gerade mit gefälschten türkischen Plakaten zu tun

Türkischer Faymann im Windkanal?

Türkischer Faymann im Windkanal?

und da hilft jede noch so glaubhafte und wortreiche Erklärung nix:

Die zweite Plakatserie für den Wahlkampf der SPÖ wird offiziell erst am Samstag präsentiert. Wie uns Mitarbeiter der Parteizentrale mitgeteilt haben, gibt es nur deutschsprachige Plakate. Wir bitten deshalb alle, die etwas anderes verbreiten, sich mit derartigen Aktionen, die nur der Hetze dienen, zurückzuhalten.

Das Team Topfpflanze ist höchstwahrscheinlich an weiterem Bildmaterial interessiert.

Der geliebte Bundeskanzler gab am 29. 7. bekannt, eine ganz besondere Beziehung zu seiner Topfpflanze zu pflegen. Da ist es nur würdig und recht, wenn diese vom #Teamtopfpflanze betreut einen eigenen Social Media auftritt erhält.

wie z.B. an diesem Exponat

(c) Team Topfpflanze Es gibt bald eine neue Plakatreihe. Bin ganz aufgegregt, ich soll auch mit dabei sein!

(c) Team Topfpflanze Es gibt bald eine neue Plakatreihe. Bin ganz aufgegregt, ich soll auch mit dabei sein!

Dass gleichzeitig die Wiener SPÖ-Frauen und SJ Wien die Initiative „Austria’s Next Topfmodel“ ins Leben ruft, kann wohl nur als Satire der Satire verstanden werden.

Der Oberste Pflanzengießer wird aber nicht nur satirisch aufs Korn genommen, nein, manche wagen gar, seine pflanzliche Hingabe zu hinterfragen:

Maran Tana

Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es beinahe lächerlich. Sie posten von Ihren Pflanzen, während im Auftrag IHRER Regierungsmannschaft wieder einmal Menschen in ein Land deportiert werden, für das Österreich eine Reisewarnung ausspricht.

Übrigens das gleiche Land, aus dem ein Mädchen namens MALALA stammt, das kürzlich unter donnerndem Applaus der Weltmedien vor der UNO gesprochen hat. Ein Mädchen, das aus genau dieser Gegend stammt, aus der die nun bald abgeschobenen Pakistani geflohen sind. Ein Mädchen, das man dort in den Kopf geschossen hat, weil es Bildung für alle fordert. Eine Tat, die für weltweite Empörung gesorgt hatte.

Und SIE und IHRE Minister schicken nun genau dorthin MENSCHEN zurück, nur um in Zeiten des Wahlkampfes der rechten angeblichen Mehrheitsmeinung der Wählerschaft zu entsprechen. Ach nein, das wurde ja schon in der vorigen Legislaturperiode getan. Und in der vorletzten. Und denen davor.

Gabriel Winkelmüller

Während Sie nämlich Ihr klimatisiertes Büro begrünen, sitzen 4 der Refugee-Protest-Camp Aktivisten am Flughafen – von Ihnen gekonnt ignoriert – abflugbereit nach Pakistan, auf dem Weg zu ihren Henkern, von Ihnen ausgeliefert. Wessen Sicherheit gewähren Sie?

Während Sie ihr klimatisiertes Büro begrünen, sitzen mindestens weitere 4 Flüchtlinge in Schubhaft – ein Gefängnis ohne Grund. Ist Österreich dadurch sicherer geworden?

Während Sie ihr klimatisiertes Büro begrünen, sitzen außerdem 10 Flüchtlinge unter der brennenden Sonne, Angst, dass auch bald ihr Leben zerstört wird. Wird ihre ’sichere Hand‘ auch eine schützende für Menschen sein, die nicht ‚Österreich‘ in ihrem Pass stehen haben?

Auf Möchtegernkanzlerseite hingegen war das Leben nicht ganz so unbeschwert – immerhin galt es, sich vor dem gemeinen Volke zu verschanzen, weil man seine Rache fürchtete:

(c) Michel Reimon

(c) Michel Reimon

(c) Alev Korun  Kundgebung gegen die Abschiebung von Flüchtlingen nach Pakistan. Vor der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse wurde skandiert: "Shame on you!"

(c) Alev Korun Kundgebung gegen die Abschiebung von Flüchtlingen nach Pakistan. Vor der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse wurde skandiert: „Shame on you!“

In einem Anfall von Extremspontaner Mutlosigkeit traut sich nicht einmal die Innenministerin das Haus zu verlassen, geschweige denn, sich interviewen zu lassen:

Armin Wolf

Ministerin Mikl-Leitner will in der #ZiB2 leider nicht mit Caritas-Chef Küberl diskutieren. Nun wird Küberl alleine im Studio sein: 22h00

Verschwörungstheorien

Es soll hier nicht verschwiegen werden, dass nicht alle Beobachter hier den Rechtsstaat am Wirken und Werken sehen, sondern eigennützige Motive bei den Betreibern des Abschiebungsskandals orten.

Servitenkloster: Abschiebung aus Wahlkampfgründen?

Bestürzt reagierten Caritas und die Grünen: Eine Abschiebung in ein Land mit hoher Terrorgefahr sei „menschlich wie politisch nicht hinnehmbar“, heißt es etwa von den Grünen und bei der Caritas. Die Grünen vermuten hinter der Aktion, ebenso wie Christoph Schönborn, Wahlkampfmotive.

Servitenkloster: Schönborn-Appell an Behörden und Politik

Bestürzt äußerte sich der Kardinal über die Umstände der Aktion: Als Zeitpunkt habe man einen Sonntag gewählt, „den Heiligen Tag der Christen und während des Ramadan, des heiligen Monats der Muslime, in der sie auch durch ihr Fasten besonders geschwächt sind.“ Es sei ein „enttäuschender, trauriger Tag“, so Schönborn, vor allem angesichts der Appelle von Papst Franziskus in den vergangenen Wochen: So habe er an die Pflicht gegenüber allen Menschen in Not erinnert, was er diese Tage auch vor der Jugend der Welt bekräftigt habe, und vor allem bei seinem Solidaritätsbesuch in Lampedusa deutliche Zeichen gesetzt.

Michael Landau

Kardinal Schönborn: „Ich stelle auch die Frage, was es für diese Aktion für eine Rolle gespielt hat, dass Wahlkampfzeit ist. Und warum sie ausgerechnet zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem ich, der ich mich entschieden für eine menschliche Behandlung der Flüchtlinge im Servitenkloster eingesetzt habe, 10.000 Kilometer weit weg in Rio de Janeiro bin.“

Korun zu Schubhaft für Servitenklosterflüchtlinge: ÖVP-Wahlkampf auf dem Rücken von gefährdeten Menschen

Korun appelliert an Innenministerin: Wahlkampf darf niemals Menschenleben gefährden

Korun zu Abschiebungen: Hat Häufung „günstiger Zufälle“ mit Wahlkampf zu tun?

Abschiebung als Wahlkampfturbo

In der Sonntagskrone vom 28. Juli platzierte Innenpolitikredakteur Peter Gnam prominent auf Seite zwei seine Story über den „Flüchtingsstrom nach Österreich“ der „heuer dramatisch angestiegen“ sei. Vom Jänner bis zum Juni 2013 haben demzufolge  8201 Menschen Aslyanträge gestellt. Im Vergleichszeitraum 2012 waren es 7330. Vor allem bei Aslywerbern aus dem Kosovo sei ein starker Anstieg zu bemerken. Zum „Flüchtlingsstrom“ wird in der „Krone“ Innenministerin Johanna Mikl-Leitner befragt. Sie erklärt, dass der Kosovo ein sicherer Herkunftsstaat sei und dass über Personen aus sicheren Herkunftsstaaten in „einem individuellen, aber beschleunigten Verfahren innerhalb einer Woche entschieden“ werde.

Zufall oder nicht: Am besagten Sonntag wurden acht jener Flüchtlinge, die im Winter in der Votivkirche protestierten und später im Servitenkloster untergebracht waren, in Schubhaft genommen. Gleich am Montag sollten diese nach Pakistan abgeschoben werden.

Robert Misik

Das ÖVP-Innenministerium fädelt es so ein, dass sieben Wochen vor der Nationalratswahl die Flüchtlinge abgeschoben werden. Das ÖVP-Justizministerium ermittelt währenddessen angeblich schon Monatelang wegen „Schlepperei“ und zufällig kommt es dann praktisch zeitgleich zu Verhaftungen. Daran beteiligt ist – no na – die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt.

Ist das nur mehr bloß Machtmißbrauch?

Oder ist das schon ein Putsch?

Alev Korun

Am Sonntag teilt die Innenministerin der Öffentlichkeit via Kronenzeitung mit, dass d Zahl der Asylanträge gestiegen ist. Am selben Tag „widmet“ Hr Gnam seine Kolumne den Flüchtlingen im Servitenkloster. Zufällig werden zeitgleich 8 Flüchtlinge aus dem Servitenkloster in Schubhaft genommen. Am Dienstag steht die Innenministerin unter Kritik wg ihrer Abschiebung nach Pakistan, wo Taliban u Al-Kaida wüten. Da werden zufällig 3 Männer aus dem Kloster wg mutmaßlicher Schlepperei festgenommen. Seit März wurde ermittelt, sagt die Kripo. Warum dann 5 Monate abgewartet? Auf jeden Fall so ein Glück für die Ministerin, der Zeitpunkt dieser Festnahmen. Und das ganze hat mit der Wahl in zwei Monaten natürlich sowas von nix zu tun. Oder wie Klaus Schwertner von der Caritas twittert: „Bin ich paranoid oder führt da irgendwer Regie?“

Wenn uns in dieser Verwirrung etwas helfen kann, dann sind es, jawoll, die Werte.

Aber wer handelt nach welchen, und sind die handlungsmotivierenden Werte auch dieselben, die bei der Sonntagsrede mutmaßlich gut beim Stimmvieh ankommen?

Wer steht hinter der Abschiebung von 8 Menschensöhnen? Und hat jemand gar falsch Zeugnis gegeben? Ist da jemand, der seinen Nächsten nicht liebt wie sich selbst? Hatten die Abschiebhelfershelfer ihr Kreuz daheim vergessen, das für ein gemeinsames friedliches Miteinander, für Respekt und Akzeptanz sorgt?

Fortsetzung…

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